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Nebel im August

©STUDIOCANAL

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Titel: Nebel im August
Genre: Drama / Romanverfilmung
Regie: Kai Wessel
Musik: Martin Todsharow
Produzenten: Ulrich Limmer
Dauer: ca. 126 Minuten
Erscheinungsjahr: 2016
Altersfreigabe: FSK 12

„Nach einer wahren Begebenheit – Süddeutschland, Anfang der 1940er-Jahre. Der 13-jährige Ernst Lossa (Ivo Pietzcker), Sohn fahrender Händler und Halbwaise, ist ein aufgeweckter aber unangepasster Junge. Die Kinder- und Erziehungsheime, in denen er bisher lebte, haben ihn als ‚nicht erziehbar’ eingestuft und schieben ihn schließlich wegen seiner rebellischen Art in eine Nervenheilanstalt ab. Nach kurzer Zeit bemerkt er, dass unter der Klinikleitung von Dr. Veithausen (Sebastian Koch) Insassen getötet werden. Er setzt sich zur Wehr und versucht, den behinderten Patienten und Mitgefangenen zu helfen. Schließlich plant er die Flucht, gemeinsam mit Nandl, seiner ersten Liebe. Doch Ernst befindet sich in großer Gefahr, denn Klinikleitung und Personal entscheiden über Leben und Tod der Kinder…“
(Kurzinhalt Produktionsstudio ©STUDIOCANAL)

Ich hatte die Möglichkeit bei der Hamburg-Premiere zu dem Film „Nebel im August“ von Kai Wessel dabei zu sein. Ich habe mich im Vorfeld auf einen spannenden und unterhaltsamen Abend eingestellt und gehofft, dass ich einen tollen Film zu Gesicht bekomme.

©cbj+cbt Verlag

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Die Geschichte dreht sich um den Jungen Ernst Lossa, der in einer Nervenheilanstalt in Nazi-Deutschland der 1940er Jahre lebte. Robert Domes schrieb die Romanbiografie „Nebel im August“ (erschienen bei cbj+cbt Verlag), die die Geschichte von Ernst Lossa erzählt. Der gleichnamige Film behandelt, nach Aussage von Regisseur Kai Wessel, allerdings nur etwa das letzte Drittel des Buches.

Es gibt sie inzwischen wie Sand am Meer: Filme über Nazi-Deutschland. „Operation Walküre“, „Der Untergang“ oder „Inglourious Basterds“ kennt man zumindest vom Namen her oder hat sie auch schon selbst gesehen. „Nebel in August“ spielt zwar in der gleichen Zeit und zeigt das Schicksal eines Jungen, der der Nazi-Willkür zum Opfer fällt, aber dennoch ist er ein komplett anderer Streifen.

Die Erzählweise ist unverblümt und direkt. Der Zuschauer ist stets bei Ernst. Das Publikum wird zum Zeugen dessen, was mit ihm passiert. Dabei entlarvt man die Taten der Nazi-Herrschaft in einer „Heilanstalt“, freundet sich mit einem Mädchen an und erlebt so allerlei Ungerechtigkeit, Willkür und Schmerz.

Ich habe das Buch zum Film nicht gelesen, aber ich konnte schon früh erahnen, wo der Film hin will und was letzten Endes mit Ernst passieren wird. Dennoch war das Geschehen teilweise unvorhersehbar und doch logisch. Man könnte meinen, dass spannungstechnisch nicht viel geht, aber dem ist nicht so. Aufgrund der Erzählweise, dem ständigen Fokus auf Ernst und Nandl, all dem, was drum herum passiert und der ganzen tragischen Schicksale, die nicht nur dem Jungen begegnen, sondern auch dem Zuschauer, fühlte man sich überwältigt. Dem Zuschauer bleibt nichts anderes übrig, als zuzusehen. Man wird zum Zuschauer degradiert, zum bloßen Hinsehen gezwungen, mehr noch zur Unfähigkeit etwas ändern zu wollen, aber nicht zu können.

Zu dem NS-Hintergrund und der traurigen Geschichte des Ernst Lossa gesellen sich aber noch einige andere Dinge, mit denen sich der Zuschauer auseinandersetzen wird. Zwangsläufig wird sich der Einzelne Fragen stellen, wie z.B. welches Leben lebenswert ist und wo man dort die Grenze zieht? Die offensichtlicheren Fragen, wie man so willkürlich und herzlos sein kann, lasse ich an dieser Stelle beiseite. Wer sich mit den Methoden des NS-Regimes auskennt und ein bisschen besser im Geschichtsunterricht aufgepasst hat, der weiß, dass das Euthanasie-Programm groß aufgezogen wurde. Es war die systematische Ermordung all derer, die dem Staat mehr kosten als einbringen und dazu gehörten unter anderem körperlich und geistig behinderte Menschen und im weiteren Sinne dann auch Kleptomanen, Alkoholiker, Arbeitslose und Oppositionelle. Ernst war weder behindert, noch schwer erziehbar. Er war aufgeweckt, klug und hat durch seine ehrliche Art Courage, Mut und Moral bewiesen und letzten Endes wurde ihm das leider zum Verhängnis.

Die darstellerische Leistung war grandios. Es gibt viele Kinderdarsteller, die mit so viel Hingabe ihren Figuren Leben eingehaucht haben und dabei so überzeugend waren, dass sich manch anderer Film da schon mal eine Scheibe von abschneiden kann. Aber auch die Erwachsenendarsteller haben ihre Sache extrem überzeugend und gut gemacht. Im Einzelnen kann man sagen, dass Ivo Pietzcker als Ernst Lossa und Jule Hermann als Nandl ein tolles Duo sind und man ihnen als Zuschauer jede Sekunde des Films abnimmt. Sie haben ihren Figuren durch ihr Schauspiel Charakter, Glaubwürdigkeit und Tiefe verliehen. Das gilt allerdings für jedes Kind, das an diesem Film mitgewirkt hat.
Sebastian Koch als Dr. Veithausen spielt eine extreme Rolle. Auf der einen Seite stellt er den menschlichen und fürsorglichen Arzt dar und auf der anderen Seite das erbarmungslose Monster, das ohne zu zögern den Tötungsbefehl ausspricht, nur um mehr Geld oder Platz zu haben oder einfach nur, weil eine Stimme ihm gesagt hat, dass er ein Mörder ist.
Fritzi Haberlandt als Schwester Sophia, Henriette Confurius als Edith Kiefer, Branko Smarovski als Max Witt oder Karl Markovics als Ernsts Vater Christian sind andere Darsteller, die auch eine gewisse Symbolik mitbringen, die im Film ihre Tragweite zeigen und dem Zuschauer ebenso imponieren wie ihn begeistern wird.

Die Emotionen schwanken von stark ausgeprägt bis nüchtern. Das meiste, das von Ivo Pietzcker dargestellt ist, ist jedoch stark emotional: viele traurige Momente mit dieser entlarvenden Macht eines Kindes oder eines sehr jungen Jugendlichen, gepaart mit den verschiedenen Schicksalen der Mitgefangenen.
Sebastian Koch zeigt die kalte Schulter des NS-Regimes, das kein Erbarmen kennt und – in ihrer Weltanschauung – minderwertige Individuen umbringt. Auch diese Kaltherzigkeit ist überzeugend und glaubhaft dargstellt.

Die Musik ist unterstützender Natur. Sie hat dem Film nie die Show gestohlen, aber immer emotionale Sequenzen gut hervorgehoben und untermalt. Sie war in jedem Fall eine Bereicherung.

Die Kameraarbeit ist sehr nüchtern und hinterlässt beinahe den Eindruck, dass es sich bei dem Film eher um ein Kammerspiel handelt, denn mit ein paar Ausnahmen finden gefühlt 90% aller Szenen in der Nervenheilanstalt statt. Dieser Umstand erzeugt zusätzlich ein Gefühl der Beklemmung und der Machtlosigkeit des Zuschauers.

Meine Meinung:nebel-im-august_eintrittskarte
Ein deutscher Film –kein amerikanischer Hollywood-Blockbuster, ohne viel Budget produziert und ein schwieriges Thema. Ja, aber es hat sich gelohnt. Die historische Thematik und die Figuren haben wunderbar gepasst, sodass ich diesen Film uneingeschränkt empfehlen kann, mehr noch, an dieser Stelle bekommt dieser Film auch das zacksmovie-Highlightsiegel für besonders gute Unterhaltung.

Die Stärken liegen auf der Hand: Kai Wessel hat hier eine Geschichte verfilmt, die wahr, mitreißend und unglaublich schrecklich ist. Darüber hinaus ist dieser Film nicht umsonst mit dem bayrischen Filmpreis und dem Friedenspreis des deutschen Films ausgezeichnet worden.

Man kann auch die Brücke in die heutige Zeit schlagen: Es stellen sich automatisch die Fragen welches Leben lebenswert ist. Und natürlich beschäftigt man sich automatisch damit, wie man selbst handeln oder reagieren würde, wenn man weiß, dass der eigene Nachwuchs behindert ist.
In der heutigen Zeit, wo sich zunehmend Leistungsdruck breit gemacht hat, überlegen sich viele werdende Eltern, ob sie ein behindertes Kind zur Welt bringen oder nicht.

Unterm Strich ist „Nebel im August“ ein toller deutscher Film, der auf vielen Ebenen zu überzeugen weiß. Ich bin mir außerdem ziemlich sicher, dass er besser im Kino als auf DVD oder BluRay wirkt und deswegen empfehle ich auch jedem, der Interesse an dieser Thematik hat, ihn sich im Kino anzuschauen.

In einem Gespräch mit Kai Wessel habe ich gemerkt, dass er ein besonderes Interesse an einer Realisierung dieses Films hatte, das Resultat ist auf jeden Fall sehenswert.

Insgesamt erhält „Nebel im August“ eine sehr positive Bewertung von mir.

Meine Wertung:
Spannung: 8,5 von 10
Story: 9,0 von 10
Länge: 7,0 von 10
Gefühl/Emotionen: 8,5 von 10
Authentizität: 9,0 von 10
Musik: 7,0 von 10
Kameraarbeit: 8,0 von 10
GESAMT: 8,1

Unknown Identity

IMG_3498Titel: Unknown Identity (engl. Unknown)
Genre: Action-Thriller
Regie: Jaume Collet-Serra
Musik: John Ottman / Alexander Rudd
Produzenten: Joel Silver / Leonard Goldberg / Andrew Rona
Dauer: ca. 113 Minuten
Erscheinungsjahr: 2011
Altersfreigabe: FSK 12

„Als Dr. Martin Harris nach einem Autounfall aus dem Koma erwacht, ist nichts mehr, wie es war. Seine Frau behauptet, ihn nicht zu kennen, ein fremder Mann trägt seinen Namen und ein Killer ist ihm auf den Fersen. Was ist mit ihm passiert? Harris beginnt an seinen Verstand zu zweifeln. Um seine Frau und sein altes Leben zurückzugewinnen, macht er die Taxifahrerin ausfindig, die ihn bei dem Umfall gerettet hat. Sie und der ehemalige Stasi-Agent Jürgen sind seine einzigen Verbündeten im Kampf um seine Identität gegen einen übermächtigen Gegner. “
(Rückentext der BluRay)

Dr. Martin Harris zeigt, wie man seine Identität zurück bekommt und räumt dabei mächtig auf.

Die Story von „Unknown Identity“ ist alles andere als verwirrend oder kompliziert, das macht den Film zwar einfach und gut anzusehen, aber leider fehlt es der Geschichte an anderen Elementen, die diesen Film in irgendeiner Weise ansehnlich machen.

Glücklicherweise sind einige Szenen gut inszeniert und sorgen damit zumindest punktuell für ein Spannungsgefühl. Aber leider wird dem Zuschauer auf dem Gebiet der Spannung sonst nicht viel geboten. Spezialeffekte werden dafür eingesetzt, um den Film zu füllen. Aus diesem Grund findet man sich schnell in einer Verfolgungsjagd, in einer Kampfszene oder sonst wo wieder. Dabei soll ein Hauch von ansprechender Atmosphäre erzeugt werden, die einem Action-Thriller würdig ist.

In den 113 Minuten bekommt der Zuschauer einen mittelmäßigen Streifen zu sehen, der, je länger er gedauert hat, schlechter wurde.

Verzweiflung, Wut und Enttäuschung sind vorherrschende Gefühle, die auch sehr gut umgesetzt und vom Publikum aufgenommen werden. Dabei hilft das Element der verlorenen Identität und der Kampf darum, die Wahrheit ans Licht zu bringen.

Authentisch waren leider nicht alle Charaktere. Oft war die dargestellte Person unglaubwürdig in allen Handlungen. Dabei kann das Publikum wenig von January Jones und Bruno Ganz erwarten, positiv fielen hingegen Liam Neeson und Diane Kruger auf.

In den Actionszenen wurde dick aufgetragen und so wird in einer Szene die Zeitlupe draufgehalten, um sie spektakulärer erscheinen zu lassen. Explosionen wurden in Hollywoodmanier mit einem großen Feuer inszeniert.
Die Filmmusik ist ausschließlich unterstützender Natur. Keine eingängigen Songs mit individueller Ohrwurmqualität, aber eben auch nichts Störendes, was sich künstlich in den Vordergrund drängt.

Meine Meinung:
Mit „Unknown Identity“ kann man sehr viel falsch machen. Die Umsetzung der Story ist zu eindimensional und unkreativ, obwohl Potential für mehr vorhanden gewesen ist.

Die Spannung konnte mich nicht überzeugen und war eher einschläfernd als fesselnd. Action alleine macht leider keinen guten Film und ein abstürzendes Auto, was danach in Flammen aufgeht ist leider alles andere als realistisch.
Die Länge des Films ist kontraproduktiv. Wie bereits erwähnt, verliert der Film mit zunehmender Dauer. Auch die Musik hat den Film nicht so unterstützen können, wie sie es in anderen Filmen des gleichen Genres schafft.
Einzig auf der Gefühlsebene wirkt der Film gut und authentisch.

Im Großen und Ganzen konnte mich der Film nicht überzeugen. Man hat dieses „Identitätsverlust“ gepaart mit Action schon zu oft gesehen und das macht den Film vorhersehbar.

Meine Wertung:
Spannung: 4 von 10
Story: 5 von 10
Länge: 4 von 10
Gefühl/Emotionen: 7 von 10
Authentizität: 7 von 10
Action: 6 von 10
Musik: 5 von 10
GESAMT: 5,4