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Zwei Kurze, bitte! #8

Die heutige Ausgabe von „Zwei Kurze, bitte!“ wird aus Deutschland dominiert. Richtig gelesen. Der deutsche Film kann was und ich bin so froh darüber, dass ich mir diese beiden Filme angeschaut habe. Dabei sind „Die vierte Macht“ von Dennis Gansel und Fatih Akins „Soul Kitchen“, gleichzeitig heißt es auch zweimal Moritz Bleibtreu.

Titel: Die vierte Macht (2012)
Regie: Dennis Gansel
Genre: Thriller

Ein deutscher Thriller? Und was für einer! Paul Jensen ist Journalist und geht nach Moskau. Er soll als Klatschreporter einem alten Magazin neues Leben einhauchen und knüpft dort Kontakte. Unter anderem auch zur geheimnisvollen Russin Katja, die selbst auch Journalistin ist. Bei einem Bombenanschlag stirbt Katja, und Paul steht unter Verdacht, den Anschlag verübt zu haben. Paul wird instrumentalisiert, doch wenn er nicht im russischen Geheimgefängnis sterben will, muss er anfangen, die Puzzleteile zusammenzusetzen.
Selten habe ich einen so spannenden Thriller aus Deutschland gesehen, der mit einem vernünftigen Unterbau daherkommt, wie „Die vierte Macht“. Was die einen Revolution nennen, nennen die anderen Terror, doch wo liegt die Wahrheit und wer will sie wissen?
„Die vierte Macht“, ein Film, der bei vielen unterm Radar fliegt. Das sollte sich ändern, am besten gleich jetzt!

Titel: Soul Kitchen (2009)
Regie: Fatih Akin
Genre: Komödie

Zinos ist der Betreiber des schlecht laufenden Soul Kitchen, einem Restaurant/Kneipe in Hamburg-Wilhelmsburg. Und da das noch nicht genug ist, zieht seine Freundin nach China, er bekommt einen Bandscheibenvorfall und sein krimineller Bruder platzt in Zinos leben. Mit dem Engagement des exzentrischen Spitzenkochs Shayn beginnt das Rad sich zu drehen, aber Zinos will den Laden loswerden. Doch dann passieren unvorhergesehene Dinge, alle auf einmal.
Fatih Akin inszenierte hier einen wundervoll atmosphärischen und stimmungsvollen Film, der mit einer Leichtigkeit daherkommt und uns einfach nur Zeuge des Lebens werden lässt. Er zeigt die vielen kleinen Problemchen, die jeder irgendwie hat und lässt uns dennoch spüren, wie schön das Leben sein kann, wenn man nur die richtigen Leute, die passende Musik und leckeres Essen hat. Akin hat nicht ganz unrecht, wenn er sein Werk als „neuen Heimatfilm“ bezeichnet, denn genau das ist er auch. Er wirft ein Blick in meine Heimat Hamburg und zeigt Bilder, Architektur und Viertel, die es vor der Gentrifizierung zu schützen gilt. Kulturgut für Jedermann, wenn man so will. Auch wenn es nicht bei jedem so sein wird, aber mir ging „Soul Kitchen“ direkt ins Herz.

Tschick

Titel: Tschick
Genre: Roadmovie / Jugendfilm / Romanverfilmung
Regie: Fatih Akin
Musik: Vince Pope
Produzenten: Marco Mehlitz
Dauer: ca. 89 Minuten
Erscheinungsjahr: 2016
Altersfreigabe: FSK 12

„Während die Mutter in der Entzugsklinik und der Vater mit seiner Assistentin auf ‚Geschäftsreise’ ist, verbringt der 14-jährige Außenseiter Maik Klingenberg die Ferien allein am Pool der elterlichen Villa. Doch dann kreuzt Tschick auf. Tschick, eigentlich Andrej Tschichatschow, stammt aus dem tiefsten Russland, kommt aus einem der Hochhäuser in Berlin-Marzahn – und hat einen geklauten Lada dabei. Damit beginnt eine Reise ohne Karte und Kompass durch die sommerglühende Provinz.“
(Rückentext der DVD)

Ich habe pünktlich zum DVD-Start ein Rezensionsexemplar erhalten und hatte somit die Möglichkeit „Tschick“ im Heimkino zu sehen.

Mit dem Erscheinen der DVD stieg meine Spannung fast im Minutentakt. In dem Moment, als ich die DVD in den Player legte, überkam mich ein gewisses Glücksgefühl, denn ich hatte mich richtig gefreut.

Die Geschichte ist im Groben sehr einfach gehalten. Maik ist ein Außenseiter und lernt seinen neuen Klassenkameraden Tschick kennen. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten verbringen die beiden fortan den Sommer zusammen. Wir erleben ab diesem Zeitpunkt mit den beiden Jungs eine wilde und aufregende Reise in einem Lada.

Erzählt wird die Geschichte in einer riesigen Rückblende. Dabei bleibt es aber nicht. Das Besondere ist, dass der Film nicht einfach nur die Geschichte zweier Teenager erzählt, sondern den Zuschauer auch gleich mit auf einen Roadtrip nimmt. Dabei entsteht im Film sowohl ein einzigartiges Abenteuer-Feeling, als auch ein ganz besonderer Charme. Was wir erleben dürfen, ist der erste gemeinsame Sommer. Obendrein ist dieser Film aber auch so etwas wie eine Erinnerung an unseren ersten Sommer, den wir erlebten.
Die Story ist wild und mitreißend und dabei nicht nur originell, sondern auch wundervoll von Fatih Akin inszeniert.

Auch spannungstechnisch hat der Zuschauer mit „Tschick“ seinen Spaß. Anfangs wird das Interesse geweckt und je länger der Streifen dauert, desto intensiver wird die Handlung und damit einhergehend das Interesse des Zuschauers.
Es ist tatsächlich nie langweilig, selbst am Anfang nicht, wo die Figuren eingeführt und vorgestellt werden. Man muss aber auch sagen, dass der Film sehr von seiner Dynamik und Tiefe profitiert.

Grundsätzlich sind die Figuren recht originell und glaubwürdig. Grundsätzlich, das ist der Punkt. An ganz vielen Stellen wirkt alles sehr hölzern und künstlich, als ob die Jungs nur den Text irgendwie auswendig gelernt haben. An allen anderen Stellen passt es sehr gut, da kann man keinem Darsteller einen Vorwurf machen. Selbst ganz kleine Rollen sind irgendwie total verschroben, originell und witzig.
„Tschick“ ist ein Film über zwei männliche Teenager, die ihren Sommer miteinander verbringen. Die Emotionen sind einerseits zurückgenommen und andererseits sieht man da eine klassische Freundschaft, wie es sie nur unter Jungs gibt, getreu dem Motto: „Zusammen kämpfen, zusammen fallen.“
Man kann nicht einmal sagen, dass es irgendetwas gibt, das besonders hervorsticht und besonders typisch für diesen Film ist. „Tschick“ ist ganz klar wie ein Junge in der Pubertät: wechselhaft, energiegeladen und abenteuerlustig.

Passend zu diesem Film ist die musikalische Untermalung. Fast ausschließlich deutsche populäre Songs werden verwendet, mit Ausnahme eines klassischen Stückes auf Kassette, das sich die beiden Jungs im Lada anhören. Die Musik hat extrem gut gepasst und knüpft auch eine Verbindung zur deutschen Sprache. Der Streifen nimmt sich die Stücke, die zu ihm passen. Daumen hoch.

Meine Meinung:
„Tschick“ hat mir extrem gut gefallen und außerdem hat es Fatih Akin geschafft, mich mit diesem Film aus meinem Alltag zu reißen. Danke dafür. Ich hatte Spaß und fühlte mich wirklich ein bisschen in meine eigene Jugend zurückversetzt. Ich erinnerte mich, wie ich gewesen bin, als ich zwischen 12 und 15 Jahren alt war.

Ich wurde auf nahezu allen Ebenen sehr gut unterhalten. Ich wurde mitgerissen, die Figuren haben mich überzeugt und ein bisschen Abenteuer war auch dabei. Mit nicht einmal 90 Minuten Laufzeit ist „Tschick“ auch noch extrem kurzweilig. Fatih Akin hat einmal mehr einen wundervollen Film gedreht, den ich wirklich jedem empfehlen kann. Ein kleines Highlight, oder auch ein Großes.

Meine Wertung:
Story: 8,5 von 10
Spannung: 9,0 von 10
Länge: 8,0 von 10
Gefühl/Emotionen: 8,0 von 10
Authentizität: 8,0 von 10
Musik: 9,0 von 10
GESAMT: 8,4