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Yes, God, Yes – Böse Mädchen beichten nicht

©capelight pictures

Titel: Yes, God, Yes – Böse Mädchen beichten nicht (engl. „Yes, God, Yes“)
Genre: Komödie / Coming-of-Age / Drama
Regie: Karen Maine
Musik: Ian Hultquist
Produzenten: Katie Cordeal / Colleen Hammond / Elanor Columbus / Rodrigo Teixeira
Dauer: ca. 78 Minuten
Erscheinungsjahr: 2021
Altersfreigabe: FSK 12

„Als Teenager hat man es nicht leicht. Schon gar nicht, wenn man wie Alice (Natalia Dyer) in einem streng katholischen Haushalt im ländlichen Teil der USA aufwächst. In der Schule wird ihr beigebracht, dass Sex vor der Ehe eine Sünde ist und auch Masturbation auf direktem Weg in die Hölle führt. Alice kommt ins Grübeln: Nicht nur, weil sie sich die Sexszene aus ‚Titanic‘ immer wieder gerne ansieht, auch beim Onlinechat lässt sie sich zu unkeuschen Handlungen hinreißen – was stimmt nur nicht mit ihr? Vier Tage in einem Kirchenlager sollen Alice wieder auf den rechten Weg bringen. Gruppenbeichten, Bibelstunden und Gebete stehen auf der Tagesordnung. Doch wie soll Alice sich hier auf ihre christlichen Werte besinnen, wenn der süße Footballstar Chris ihr ständig über den Weg läuft?“
(Inhalt laut Presseheft)

Zum Heimkinostart von „Yes, God, Yes – Böse Mädchen beichten nicht“ habe ich die Möglichkeit erhalten, diesen Film vorab schauen zu dürfen.
Dieser Streifen ist einer dieser Filme, der pandemiebedingt den Weg nicht in die Lichtspielhäuser geschafft hat, dafür ist er inzwischen auf Amazon Prime verfügbar und erscheint obendrein am 05.02.2021 auf DVD und BluRay.

Die Handlung dreht sich um Alice, die mitten in ihrer Pubertät steckt und anfängt, sich für Jungs zu interessieren. Begrifflichkeiten sind ihr teilweise unbekannt und ihr christlich geprägtes Umfeld – in den ländlichen USA – trichtert ihr ein, dass man Geschlechtsverkehr nur dann hat, wenn man seinen ehelichen Pflichten zwecks Fortpflanzung nachkommen will. Selbstbefriedigung ist ein Garant dafür, direkt in die Hölle zu kommen. Und so entspinnt sich eine Geschichte, die weit davon entfernt ist, was weltlich-fortschrittlich den Ton angibt. Obendrein beschäftigt sich die Handlung auch mit der Doppelmoral, und davon gibt es sehr viel.

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Was hat mich begeistert?
Gut fand ich, dass „Yes, God, Yes – Böse Mädchen beichten nicht“ ein recht stiller und kurzweiliger Film ist. Er zielt nicht darauf ab, Lacher zu produzieren, jedoch zeigt er ein Abbild dessen, was es mit Sicherheit zu Genüge auf dieser Welt gibt. Es wurde zwar mit Stereotypen gearbeitet, in denen die „hübschen Jungs“ immer zum Football-Team gehören und die Mädels in Schuluniform Röcke tragen. Da verwundert es mich auch nicht, dass auf dem Gang mit dem Lineal nachgemessen wird, wie lang (oder kurz) der Rock nun ist.
Auch sonst beleuchtet der Film Aspekte, die sonst weniger Beachtung finden. Er deckt Geheimnisse und die damit verbundene Doppelmoral auf.

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Und die Sache mit dem Humor?
Nun ja, lachen konnte ich nicht und es fehlte mir nicht nur Witz. Ich hätte mir an dieser Stelle gewünscht, dass der Film bissiger, schwärzer und sarkastischer wäre. Stattdessen ließ er häufig Situationen unkommentiert stehen und die Diskrepanz, die die Hauptfigur zu bemerken scheint, schlägt sich auf den Zuschauer nieder.
Mir fehlte es obendrein aber auch an Spannung, Drama und dem Mitgerissen-sein. Der Film packte mich leider nicht und konnte mich daher auch nicht so richtig unterhalten.

Fazit:
Was am Ende übrig bleibt ist nicht zwingend Ernüchterung und wenn ich selbst 15, 16 Jahre alt wäre, hätte der Film vielleicht eine Erkenntnis für mich übrig gehabt. Da ich aber doppelt so alt bin, musste ich leider viel zu häufig den Kopf schütteln, weil ich „Im Ernst?“ dachte.
Schlussendlich ist „Yes, God, Yes – Böse Mädchen beichten nicht“ ein solider, kurzweiliger Film, der meiner Meinung nach nicht so viel Humor hat, wie er augenscheinlich suggeriert, aber dennoch eine Sichtung, besonders für jüngeres Publikum, wert ist.
Punkte ziehe ich vor allem deshalb ab, weil die Handlung zwar stimmig, aber auf keinen Fall mitreißend ist und die Figuren mich vom Spiel und Ausdruck her nicht abholen konnten.

Meine Wertung:
Humor: 4,0 von 10
Story: 7,0 von 10
Länge: 7,5 von 10
Gefühl/Emotionen: 6,0 von 10
Authentizität: 6,5 von 10
Musik: 7,0 von 10
Setting 7,5 von 10
GESAMT: 6,5

Lovecut

© „Lovecut“ (Meteor Film GmbH)

Titel: Lovecut
Genre: Coming of Age / Erotikdrama
Regie: Iliana Estañol / Johanna Lietha
Musik: Michael Sauter
Produzenten: Iliana Estañol / Johanna Lietha
Dauer: ca. 89 Minuten
Erscheinungsjahr: 2020
Altersfreigabe: FSK 16

„Ben steht mit einem Bein im Jugendknast, als er Luka kennenlernt, die freiheitsliebende Aufreißerin, die einen Scheiß auf Gefühle gibt. Ihre Freundin Momo wiederum ist eine hoffnungslose Romantikerin und verliebt sich über Skype in den lässigen Alex, der ihr aber verschweigt, dass er im Rollstuhl sitzt und nicht genau weiß, ob er trotzdem Sex haben kann. Damit haben wiederum Jakob und Anna gar kein Problem, denn sie haben Privatpornos und Online-Sex als lukrative Einnahmequelle entdeckt. Dummerweise ist Anna erst sechzehn. Und irgendwann kollidieren sie miteinander, die Träume, die Hoffnungen, die Lebenslust, der Übermut und der Sex … und zurück bleibt die große Frage, ob jetzt eigentlich das Leben irgendwann anfängt oder das beste schon lange vorbei ist.“
(Kurzinhalt laut Presseheft)

Nach dem Filmfest in Oldenburg läuft „Lovecut“ am 20.09.2020 im Werkstattkino München an.

Dieses österreichische Erstlingswerk von Iliana Estañol und Johanna Lietha dreht sich um drei Paare, die auf ihre unterschiedlichen Weisen mit dem Erwachsenwerden, dem Ausleben von Freiheiten, Sex, Gefühlen und allem, was dazwischen ist, klarkommen müssen.
Die in Episoden gegliederte und wendungsreiche Handlung ist stets stringent erzählt. In der Narration nutzt sie die kleinen Berührungspunkte, die die Paare haben, um zwischen ihnen zu wechseln. Bis die Handlung ins Rollen kommt, vergehen die ersten 15 Minuten, um dem Zuschauer dann coming-of-age-typische Themen zu präsentieren: Sexualität, Gefühle und die eigene Identität.

„Lovecut“ bietet dabei einen tabulosen und realitätsnahen Einblick in die Lebenswelt der jungen Erwachsenen. Das macht diesen Streifen zwar nicht spannend, dafür aber überaus interessant. Frisch, frei und routiniert bewegen sich die Protagonisten zwischen der realen und der digitalen Welt. Kommunikation findet eben nicht immer nur im Hier und Jetzt von Angesicht zu Angesicht statt, sondern auch in den sozialen Netzwerken des Internets. Natürlich werden auch die Möglichkeiten des Mediums Internet handlungsdienlich eingebunden, sei es um miteinander zu kommunizieren, Geld zu verdienen oder neue Bekanntschaften zu machen.
Der Streifen hat mir aus mehreren Gründen gefallen. Er portraitiert – wie der Kurzinhalt es schon sagt – in der Tradition eines „Kids“ eine andere Generation von jungen Erwachsenen. Gleichzeitig schafft er es, den Zuschauer mit seiner eigenen Jugend zu konfrontieren. „Lovecut“ ist zwar tabulos, aber nicht stillos und er bringt das Publikum dazu, Verständnis und Empathie aufzubringen und eine Verbindung zu den Figuren aufzubauen. Außerdem haben die jungen Darsteller (also die sechs haupthandelnden Figuren) allesamt wenig bis keine Schauspielerfahrung. Sie wurden auf der Straße oder auf Plätzen, die von jugendlichen hochfrequentiert sind, angesprochen. Das verleiht dem Streifen die nötige Authentizität, denn die Dialoge wirkten keineswegs auswendig gelernt oder besonders inszeniert.

Technisch gibt es nichts zu meckern. Die Schauplätze und Kulissen sind gut ausgewählt und wirkten nie unnatürlich. Der Streifen spielt in und um Wien, touristische Gegenden und Plätze gibt es allerdings nicht zu sehen. Die verwendete Musik bewegt sich meistens im Hintergrund und unterstützt die Handlung. In ein paar wenigen Szenen, in einer Disco oder einen Club, wird die Musik auch aktiv eingesetzt. Meist handelt es sich dann dabei um Techno-Musik, die lautstärkentechnisch den Zuschauer an seine Grenze treiben kann.

„Lovecut“ ist unterm Strich unterhaltend und – abgesehen von den ersten 15 Minuten – kurzweilig. Er ist ab dem 20.09.2020 im Werkstattkino München zu sehen.

Meine Meinung:
„Lovecut“ ist ein Coming-of-Age / Erotikdrama, das zu überraschen weiß. Ich habe mich die allermeiste Zeit gut unterhalten und in meine eigene Jugend zurückversetzt gefühlt. Ich habe mich dabei beobachtet, wie ich eine Verbindung zu den einzelnen Figuren aufgebaut und mitgefiebert habe. Gleichzeitig hätte ich gerne – mit der Erfahrung, die ich jetzt habe – eingegriffen und den Charakteren einen Rat gegeben.

In vielen Coming-of-Age-Filmen wendet sich immer alles zum Guten und das Negative kann in letzter Sekunde abgewehrt werden. Vor allem in denen aus Hollywood muss der Zuschauer seltener und bei weitem nicht so intensiv eine Achterbahn der Gefühle erleben. Liegt wohl auch daran, dass Hollywood dieses Genre seit „American Pie“ sehr stark mit Comedy verknüpft. Die zwei Regisseurinnen von „Lovecut“ implementieren ihre Handlung in ein dramatisches Setting, wodurch mehr Tiefe und mehr Emotionalität gewonnen wird. Das Besondere an diesem Film ist aber, dass die Figuren den Raum bekommen, Fehler zu machen und viel mehr noch bleibt dem Zuschauer nichts anderes übrig, als diese auszuhalten.

„Lovecut“ ist ab dem 20.09.2020 im Werkstattkino München oder ab dem 16.10.2020 auch für das Heimkino verfügbar.

Meine Wertung:
Spannung: 7,5 von 10
Story: 8,0 von 10
Länge: 7,5 von 10
Gefühl/Emotionen: 8,0 von 10
Authentizität: 9,0 von 10
Musik: 7,0 von 10
Setting: 8,0 von 10
GESAMT: 7,9